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01.09.2025

Herausforderung Fachkräftemangel

Herausforderung Fachkräftemangel

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Die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt

Sie suchen händeringend Personal? Damit sind Sie nicht allein. Die aktuelle Lage auf dem Gesamtarbeitsmarkt bleibt weiter angespannt. Per Juni 2024 konnten fast 40 Prozent offener Stellen für qualifizierte Fachkräfte nicht besetzt werden. Das entspricht rund 476.000 qualifizierten Menschen (KOFA 2024). Das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge (Boomer) wird die Situation weiter verschärfen.

Auch Unternehmen in der Fitnessbranche sowie Physiotherapiepraxen sind von dieser Situation betroffen. In beiden Bereichen übertrifft das Angebot der offenen Stellen die zur Verfügung stehenden Fachkräfte bzw. den auszubildenden Nachwuchs. Fehlen für die Fitnessbranche konkrete Zahlen, so kann der Stellenüberhang in der Physiotherapie klar benannt werden. Im Jahr 2023 gab es eine Stellenüberhangsquote von 85,7 Prozent! Auf knapp 14.000 Stellen kamen rund 12.000 fehlende Fachkräfte (KOFA 2023).

Stellen länger unbesetzt

Der Personalbedarf muss in beiden Branchen aktuell sehr weit im Voraus geplant und ausgeschrieben werden. 2024 beträgt die Vakanz für Gesamtdeutschland 156 Tage (Agentur für Arbeit, 2024). Es benötigt also etwas weniger als ein halbes Jahr, eine offene Stelle in der Physiotherapie zu besetzen. Zum Vergleich: 2019 betrug die Vakanz „nur“ 94 Tage. In der Fitnessbranche dauerte es 2024 rund 106 Tage, um geeignetes Personal zu finden - verglichen mit 80 Tagen in 2019.

Unterschiede zwischen Stadt und Land

Besonders in ländlichen Regionen scheint die Vakanz an Personal groß. Die Zeit, eine Stelle in der Physiotherapie zu besetzen, ist in Flächenstaaten länger als in den Stadtstaaten. In der Fitnessbranche scheinen sich die Recruitingaktivitäten auf den größeren Jobportalen auf Städte zu konzentrieren.

Zudem berichten sowohl größere Kettenanlagen als auch Einzelbetreiber über Bewerbermangel in strukturschwächeren sowie einwohnerarmen Regionen. Der Osten Deutschlands ist dabei tendenziell größer benachteiligt im Vergleich zum Westen Deutschlands (Agentur für Arbeit, 2024). Für die Physiotherapiepraxen ist die hohe Besetzungszeit sowie die flächendeckende Unterversorgung besonders markant vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung sowie dem gesteigerten Bedarf an Therapieangeboten.

Weniger Mitarbeiter in der Fitnessbranche

Vergleicht man die Personalentwicklung in beiden Branchen Vor- und Post-Corona, so zeigt sich für die Fitnessbranche eine Reduktion der Gesamtmitarbeiter. Zu Ende 2017 beschäftigten Unternehmen der Fitness- und Gesundheitsbranche 209.000 Mitarbeiter, verglichen mit 157.700 Mitarbeiter Ende 2024 (DSSV-Eckdaten 2018 & 2025). In der Physiotherapie bleibt dagegen die Anzahl der Beschäftigten stabil. Im Jahr 2019 waren über alle Anstellungsformen hinweg 203.000 Physiotherapeuten beschäftigt; im Jahr 2024 waren es knapp 205.000 Physiotherapeuten.

Mehr Schüler in der Physiotherapie Rechnet man noch die 12.000 fehlenden Fachkräfte hinzu, entsteht ein Bedarf von knapp 6 % mehr an Fachkräften in der Physiotherapie. Das Statistische Bundesamt verzeichnete im Schuljahr 2023/2024 fünf Prozent mehr Absolventen der Physiotherapie. Zudem steigen die Schülerzahlen nach Jahren wieder an. Ein Grund ist sicher die Einführung der Schulgeldfreiheit in der Physiotherapie (Bundesverband selbständiger Physiotherapeuten, 2025).

Breites Ausbildungsangebot

In den Ausbildungsmöglichkeiten besteht für die Fitness- und Gesundheitsbranche eine größere Auswahl an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten. Während Schüler und Studierende der Physiotherapie dies zumeist nicht in einem dualen Kontext absolvieren und keine Vergütung erhalten, sind das duale Studium und eine duale betriebliche Ausbildung fix in der Branche verankert. Die jungen Nachwuchskräfte sind direkt Bestandteil des Teams und können nach Lizenzerwerb der jeweiligen Trainerlizenzen im täglichen Ablauf eingesetzt werden. Auch Quereinsteiger können über Weiterbildungen zu qualifizierten Kräften ausgebildet werden. Dagegen sorgen Schüler der Physiotherapie in ihrer praktischen Ausbildung sogar noch für höheren Aufwand, da diese unter strikter fachlicher Anleitung geschehen muss.

Vergütung und Einstiegsgehalt

Die Vergütung ist nach Ausbildung und mit Berufseinstieg für viele junge Menschen nicht überbordend attraktiv, wenn sie diese gegenüber der hohen Arbeitsbelastung, wenig flexiblen Arbeitszeitmodellen und fehlender Aufstiegschancen bewerten. Der mittlere Bruttoarbeitslohn für Physiotherapeuten beträgt zum Einstieg rund 2.850 € (WSI, 2025), mit Abweichungen zwischen Ost und West sowie leider auch zwischen Mann und Frau. In der Fitnessbranche liegt das durchschnittliche Monatsgehalt bei rund 2.500 € brutto, also rund 30.000 € brutto pro Jahr (Stepstone, 2025).

Herausforderung Recruiting

Daher haben beide Branchen ihre Herausforderungen im Recruiting zu meistern, um mehr Bewerber anzusprechen. Die Fitnessbranche setzt zunehmend mehr auf ein durchdachtes Employer Branding, den Einsatz von Storytelling auf Social Media, Vor-Ort-Maßnahmen im eigenen Mitgliederkreis sowie schnelle Whats-App-Bewerbungen, um Bewerbungen wie Leads zu behandeln. Zudem besteht für Fitnessanlagen über die privaten Bildungseinrichtungen mit Matchingprogrammen ein zusätzliches Tool, einfach an Bewerber zu kommen.

Dennoch berichten Unternehmen über Bewerbermangel. Ein Ansatzpunkt wäre, den Sinn der Tätigkeit stärker in den Vordergrund zu stellen, um mehr Bewerbungen zu generieren. Die Generationen Z und alpha möchten sinnstiftend arbeiten. Die Betonung einer guten Arbeitsatmosphäre sowie einer guten Work-Balance kann entscheidend sein – sogar noch vor der Vergütung.

Physiotherapie: Employer Branding immer wichtiger

Praxen der Physiotherapien recruiten häufig „nebenbei“. Dabei sind Physiotherapeuten ein elementarer Bestandteil der Gesellschaft mit einem hohen Sinn in der Arbeit. Um mehr Bewerber zu generieren, können sich Physiotherapien an der digitalen Recruitingstrategie der Fitnessbranche orientieren. Vor allem ein gut ausgearbeites Employer Branding ist wichtig.

Physiotherapie-Schüler oder -Studierende, die ihren praktischen Teil in der Praxis ablegen, können auch durch Angebote wie einen Minijob gebunden werden, wenn z.B. ein Trainingsbereich an die Praxis angegliedert ist. Durch Übernahme von Weiterbildungen, wie z.B. einer Fitnesstrainer B-Lizenz werden sie so in den Praxisalltag integriert und können direkt Erfahrung für die Therapie sammeln. Ist kein Trainingsbereich vorhanden, wäre auch eine Kooperation mit einer ansässigen Fitness- oder Gesundheitseinrichtung denkbar.

Planung und Netzwerk

An der Situation auf dem Arbeitsmarkt lässt sich individuell nichts verändern. Jedoch sollte man der Situation nicht mit Furcht begegnen, sondern individuell analysieren: Wo stehe ich? Was brauche ich? Was ist mein nächster Schritt? Über die eigene Planung und im Austausch im Netzwerk lässt sich dann die eigene Personalsituation womöglich verbessern.

Jan Paffhausen


Autor

Jan Paffhausen hat an den Universitäten Stuttgart und Tübingen Sportwissenschaft studiert. Beim IST-Studieninstitut ist er als Vertriebsleiter Fitness Süd-West Ansprechpartner für duale Ausbildungsbetriebe. Als Speaker und in seinem Podcast „Jans entspannt!“ behandelt er vielfältige gesellschaftliche Themen.


Quellen

DSSV e.V. (2018). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft. Hamburg: DSSV e.V.

DSSV e.V. (2025). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft. Hamburg: DSSV e.V.

Herzer, P. & Kunath, G. (2024). Fachkräftelücke belasten wichtige Wirtschaftszweige. KOFA KOMPAKT. Zugriff am 13.07.2025 unter Wirtschaftszweige_mit_den_groessten_Fachkraeftekuecken_final.pdf

IFK (2025). Anzahl der Physiotherapie-Absolventen steigt weiter. Zugriff am 13.07.2025 unter https://www.ifk.de/artikel/anzahl-der-physiotherapie-absolventen-steigt-weiter

Tiedemann, J., Kunath, G. &. Werner, D. (2024). Jahresrückblick 2023 – Rückgang der Fachkräftelücke, aber keine Entspannung. KOFA KOMPAKT. Zugriff am 13.07.2025 unter Jahresrueckblick_2023.pdf

Stepstone (2025). Fitnesstrainer/in Gehälter in Deutschland. Zugriff am 13.07.2025 unter https://www.stepstone.de/gehalt/Fitnesstrainer-in.html

WSI (2025). Gehaltsauswertung: Was verdienen Physiotherapeuten/-therapeutinnen? Zugriff am 13.07.2025 unter https://www.lohnspiegel.de/gehaltsinfos/physiotherapeut_in_81713104.html


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